Frage: Bohnenkamp und BKT sind durch die lange gemeinsame und dabei sehr erfolgreiche Zeit eng miteinander verbunden. Wie war das damals in den Anfängen?
Thomas Pott: Ich bin seit 40 Jahren im Unternehmen und war vor 25 Jahren für den Bereich Erstausrüstung zuständig. Als unser damaliger Einkaufsleiter Reifen aus Indien ins Gespräch brachte, war das erstmal nicht einfach. Hersteller und Landwirte waren bei den kleinen Diagonalreifen zwar nicht ganz so kritisch, aber nachgefragt wurde dennoch. In gewisser Weise hat uns die Namensgebung von BKT geholfen. Mancher Kunde hat sich den Namen BKT selbst erklärt als Abkürzung für Bohnen-Kamp-Tires. Ich bin mir nicht sicher, ob da jeder Verkäufer immer widersprochen hat oder der eine oder andere auch einfach das Momentum genutzt hat. Es hatte sich aber auch schnell die gute Qualität der Reifen im Markt herumgesprochen, so dass wir dieses kleine Hilfsmittel zur Überzeugung sowieso niemals nötig hatten.
Frage: Der Beginn der Partnerschaft zwischen Bohnenkamp und BKT markiert gleichzeitig den Anfang einer Phase nie dagewesenen Wachstums für Bohnenkamp. Zwischen 2008 und 2015 hat sich etwa der Reifenumsatz – gemessen in Containern – verdoppelt.
Gregor Rüth: Ja, das ist richtig. Wir haben dann begonnen, unseren Standort hier in Osnabrück auf diese Wachstumsanforderungen auszurichten. Der gesamte Standort wurde bereits ab dem Jahr 2012 umgestaltet und die Lagerkapazität auf heute 90.000 qm erweitert. Der Grundsteinlegung wohnte damals übrigens unserer heutiger Verteidigungsminister Boris Pistorius bei, damals noch Osnabrücker Bürgermeister. Während BKT die Produktionskapazitäten deutlich erweitert hat, haben wir als Distributionspartner dann unsere europäische Präsenz ausgebaut, in vielen Ländern gemeinsam mit BKT. Das BeNeLux im Jahr 2010, unsere Tochterfirmen in Österreich und der Schweiz in den Jahren 2013 und 2014, schließlich die Übernahme des Handelsgeschäftes der Firma STARCO 2016 – inklusive der Gesellschaften in Osteuropa sowie in Dänemark und Schweden – markieren wichtige Meilensteine in dieser Zeit.
Frage: Wie hat diese Entwicklung das Angebot beeinflusst?
Thomas Pott: Wir haben mit BKT immer wieder neue Segmente erschlossen. Diagonal, Radial, spezielle IF/VF Reifen, dann Erdbewegung Industrie und Kran. Das allein erfordert schon deutlich mehr Fläche. Und dann ist auch die Bandbreite der Fahrzeuge in den Bereichen immer weiter gewachsen. Die Fahrzeuge werden größer, schwerer und spezieller. Und sie benötigen immer wieder andere Reifen, was zu einer deutlich erweiterten Bandbreite führt. Gleichzeitig bleiben aber die vorhandenen Fahrzeuge sehr lange im Einsatz. Das bedeutet, dass wir als Vollsortimenter auch für ältere Maschinen Reifen vorhalten müssen. Wenn ich zurückschaue, haben wir jedes Jahr zwischen 80 und 100 neue Produkte ins Sortiment aufgenommen. Gleichzeitig kann ich die Reifen, die aus dem Programm verschwunden sind, an einer Hand abzählen. Das alles wirkt sich natürlich auf die Lagerkapazitäten aus.
Frage: Das klingt nach einer Mammutaufgabe!
Thomas Pott: Bohnenkamp als Lieferant auch in anderen Bereichen zu etablieren, war kein einfacher, aber logischer Schritt. Wir bemerkten, dass sich die verschiedenen Bereiche Agrar, Erdbewegung und auch Transport mehr und mehr miteinander verzahnen: Auf fast jeder Baustelle an der Autobahn sind Traktoren mit Ladewagen im Einsatz, während man Radlader oder LKW‘s zunehmend in der Landwirtschaft zu finden sind. Da war es nur logisch, unseren bekannten und neuen Kunden alle Lösungen aus einer Hand anzubieten.
Frage: Spielen Komponenten für den Fahrzeugbau noch eine Rolle im Bohnenkamp-Geschäft?
Gregor Rüth: Ja, das sind unsere Wurzeln, die wir auch nie aus den Augen verloren haben. Unser Gründer Friedel Bohnenkamp hat das Unternehmen hier in Osnabrück im Jahr 1950 mit dem Schwerpunkt Handel für Fahrzeugbauteile gegründet. Nach wie vor sind wir insbesondere für kleinere und mittlere Maschinenbauer der passende Lieferant für Achsen, Drehkränze, Bremsanlagen und alle relevanten Komponenten vom Reifen bis zum kompletten Fahrgestell und zur Bremsanlage. Die Reifen waren zu Beginn für Friedel Bohnenkamp nur eine weitere Komponenten, die zu den bisherigen Fahrzeugbauelementen passten. Zugleich hat er auch das Verkaufspotenzial gesehen, welches in dem Thema Reifen und Räder liegt. Und so haben wir uns in den letzten sieben Jahrzehnten zu einem der führenden Reifengroßhändler im Off Highway und Transport entwickelt.
Frage: Bohnenkamp fokussiert sich nach wie vor ausschließlich auf den Fachhandel. Wettbewerber gehen inzwischen einen Schritt weiter, und vertreiben die Produkte über eigene Handelsorganisationen auch an den Anwender. Liegt es mit Blick auf die hier schlummernden Verkaufspotenziale nicht nahe, auch an den Verbraucher zu verkaufen und große Handelsplattformen zu bedienen?
Gregor Rüth: Ein ganz klares Nein! Wir fühlen uns den Aufgaben des Großhandels im wahrsten Sinne des Wortes verpflichtet. Wir sind Partner unserer Geschäftskunden. Wir machen keine B2C-Geschäfte und bedienen auch keine Handelsplattformen. Darauf können sich unsere Kunden auch in Zukunft verlassen! All die positiven Unternehmensentwicklungen sind aus unserer Sicht ein Beleg dafür, dass unser bisheriger Weg der richtige Weg ist, und dass sich die von uns gelebten Werte Kundennähe, Bodenständigkeit und Nachhaltigkeit auszahlen.
Frage: Kundennähe ist das Stichwort, das ich gerne zuerst aufgreife. Worin zeigt sich Kundennähe bei Bohnenkamp?
Thomas Pott: Allein in Deutschland haben wir fast 100 Mitarbeitende, die im direkten Kontakt mit den Kunden stehen. Die Grundlage für unseren Erfolg ist unser großes Verständnis für das, was Räder und Reifen leisten müssen. Aber vor allem, dass wir versuchen die Bedürfnisse unserer Kunden zu verstehen und ein passendes Angebot zu machen. Letztendlich ist der Erfolg unserer Kunden die Basis für unser Geschäft. Im Ergebnis sind unsere Kundenbeziehungen durchgängig von hoher Dauer, das heißt über Jahre und meistens sogar über Jahrzehnte hinweg. Dafür müssen sie aber auch immer wieder Mehrwerte bieten.
Frage: An welche Mehrwerte denken Sie dabei?
Thomas Pott: Zum einen natürlich ein großes und kompetentes Team. Mit fast 100 Mitarbeitern im Kundenkontakt bietet Bohnenkamp sicher eines der größten Serviceteams für Spezialreifen in Europa. Daneben haben wir die weiteren Servicebereiche für unsere Kunden ausgebaut. Unser Ziel ist es, Ihnen einen 360-Grad-Service rund um Reifen und Räder im Bereich Off-Highway & Transport zu bieten.
Schauen wir auf Service-Neuerungen, die bevorstehen, dann werden wir etwa unseren Kunden ziemlich zeitnah einen neuen Service zur Entsorgung ihrer Altreifen anbieten, und zwar bundesweit. Zusammen mit zertifizierten Verwertungspartnern und der Unterstützung von BKT wollen wir so eine fachgerechte Entsorgung sicherstellen und dabei unseren Kunden als der eine, zentrale Ansprechpartner zur Seite stehen – und uns auch an den Kosten beteiligen.
Frage: Digitale Services werden auch immer wichtiger – wenn Digitalisierung das Maß für die Zukunfts-Fitness ist – wie fit ist Bohnenkamp eigentlich?
Gregor Rüth: Hier haben wir in den letzten Jahren massiv investiert, um unsere Prozesse und gesamte Arbeitsweise strukturiert zu digitalisieren – zum Beispiel in ein CRM-System für die bessere Kundenorientierung oder ein gruppenweites PIM-System, mit dem wir die Datenqualität für unsere mehr als 20.000 Produkte deutlich verbessert haben. Im Bereich der Logistik haben wir in den letzten Jahren alle Standorte mit Lagerverwaltungssystemen optimiert und auch in der Beschaffung nutzen wir heute Disposition-Tools zur Ermittlung der optimalen Ordermengen. Parallel zur Agritechnica in diesem Jahr werden wir außerdem einen von Grund auf erneuerten Webshop in Betrieb nehmen, der viele neue und zukunftsweisende Möglichkeiten bietet. Im Bereich der Webtechnologie haben wir das neue Softwaretool, LOBSTER, eingeführt. Damit können wir zukünftig individuelle Kundenschnittstellen deutlich schneller realisieren.
Frage: Spielt Fach- und Erfahrungswissen in Zeiten der Digitalisierung noch eine Rolle?
Thomas Pott: Sehr wichtig. Besonders im Bereich Sonderräder und Umbereifung ist Erfahrung das A und O. Viele der Kollegen sind wie ich schon sehr viele Jahre hier, und es gibt kaum etwas, was sie noch nicht erlebt haben. Das führt in Summe dazu, dass wir eben nicht nur Reifen und Räder verkaufen können, sondern unseren Kunden auch vor und nach dem Kauf den passenden Service anbieten. Das beginnt bei der Maschinenentwicklung. Bei der OE sind wir häufig schon in die Entwicklung einer Maschine eingebunden und können so ggf. auch mit den Felgen- und Reifenproduzenten das exakt passende Rad entwickeln. Und auch nach der Lieferung unterstützten wir den Handel. Mit gemeinsamen Einsatzberatungen beim Kunden, einem eigenen Reklamationsservice und zukünftig eben auch mit einem eigenen Entsorgungsservice. Wir bleiben also in Bewegung, um unseren Kunden auch in Zukunft nicht nur die größte Auswahl an Produkten, sondern auch den mit Abstand besten Service bieten zu können.